www.subharchord.de

4. PRINZIP UND AUFBAU DES "SUBHARCHORDS"

Der Aufbau des "Subharchord" könnte auch heute noch von Interesse sein - siehe Bild 10. Natürlich ist mit modernen Signalprozessoren ein wesentlich eleganterer und kompakterer Aufbau möglich, aber die leichte Spielbarkeit von subharmonischen Klängen und das Klangfarbenspiel mit MEL-Filtern weckte seinerzeit weites Interesse unter den Komponisten, über Ostdeutschland hinaus.

 

Bild  10: Prinzipschaltbild vom SUBHARCHORD II/III  

 

An Stelle des schwer spielbaren Bandmanuals von LERTES und TRAUTWEIN schlug der Autor ein Tastenmanual vor; ein Orgelbauer stellte dafür eine Klaviatur mit einem Umfang von über drei Oktaven bereit (das erste "Keyboard" außerhalb der elektroakustischen Orgeln). Zusätzlich wurde aber auch noch ein Bandmanual vorgesehen.

Wie im Prinzipschaltbild angedeutet, liefert der bei Tastendruck dann einschwingende Steuergenerator Impulse, die in einer Triggerstufe (Impulsformer) in Rechteckschwingungen umgewandelt werden. Diese dienen zur Ansteuerung eines binären sowie von vier subharmonischen Frequenzteilern.

Bild 11: Ernst Schreiber erläutert das Bedienungsfeld  

In einer weiteren Stufe (Vibratogenerator) kann die Tonhöhe des im Steuergenerator erzeugten Tones (durch Tastendruck im Bereich g3 bis g6 gewählt) rhythmisch verändert werden. Dies erfolgt durch Frequenzmodulation, wobei Vibratofrequenz und -hub beliebig eingestellt werden konnten.

An Stelle der Klaviatur war auch die Anschaltung eines Glissandoreglers möglich, um den Bereich der drei Oktaven - deren Tonhöhe transponierbar war - stufenlos zu überstreichen. Dies wurde sehr oft bei der Darstellung von Geräuschen benötigt; für kompositorische Zwecke war hier das zusätzliche Bandmanual vorgesehen, allerdings mit eigenem Steuergeneratorteil.

Der binäre Frequenzteiler liefert in Verbindung mit dem Steuergenerator gleichzeitig sieben im Oktavverhältnis zueinander stehende Frequenzen (1/2 bis 1/128), so dass durch entsprechende Schalterwahl (1' bis 64') ein Tonumfang von über 10 Oktaven zur Verfügung stand. Da außerdem die Ausgangssignale gleichzeitig in zwei unterschiedlichen Wellenformen, Sägezahn- und Rechteck-(Mäander-) Kurven verfügbar waren, besaß das Gerät bereits in dieser Hinsicht erheblich mehr klangliche Möglichkeiten als das Mixtur-Trautotonium von Oskar Sala zu dieser Zeit.

Wie dem Schaltbild weiter entnehmbar, sind dem Steuergenerator und binärem Frequenz-Teiler vier weitere, nunmehr subharmonische Teiler zugeordnet, die zu diesem synchron ganzzahlige Teilfrequenzen liefern, und zwar von 1/2 bis 1/29.

Durch geeignete Dimensionierung der Schaltungen wurde erreicht, dass das einmal eingestellte Verhältnis der vier Sub-Teiler über den ganzen Frequenzbereich von zehn Oktaven erhalten blieb. Die Einzelstimmen der vierfachen Mixtur konnten getrennt dosiert und in den nachfolgenden Filtersätzen verschiedenartig verformt werden. Dies galt auch für die zusätzlich verfügbaren, direkt vom binären Frequenzteiler abgeleiteten Melodiestimmen.

Nach Bearbeitung mit verschiedenartig aufgebauten Filtern (Hoch- und Tiefpässen mit einstellbaren Grenzfrequenzen, Bandpässen nach der MEL-Skala und Formantfiltern, d.h. Resonanzkreisen) und Verstärkung, wird der so geformte Klang einer druckabhängigen Lautstärkeregelung zugeführt, die mit dem Tastenmanual mechanisch gekoppelt ist. In Abhängigkeit vom Tastendruck konnte so der Ausgangspegel verändert werden und freie Gestaltung des Toneinsatzes war möglich. Diese Regelung wurde durch eine damals neuartige Lichtsteuerung erreicht.

Anschließend folgt eine Abklingeinrichtung, mittels der Dauertöne in Zupf- bzw. Schlagklänge umwandelbar sind. Dauer des Abklingvorganges und die Steilheit der Abklingkurve waren regelbar. Die Ausgangssignale konnten abschließend noch durch eine Rhythmisierungseinrichtung in staccatoähnliche Kurztöne umgewandelt bzw. mit einer chorischen Wirkung versehen werden.

Chorische Modulation wird durch Addition des Ausgangssignals zu vier unterschiedlich verarbeiteten Ausgangssignalen erreicht. In den Zusatzkanälen wurden die Signale mit verschiedenen Tieftönen frequenzmoduliert, so dass das komplexe Signal einen Choreffekt vermittelte.

Interessante zusätzliche Klang- und Geräuschstrukturen können bekanntlich mit Hilfe eines Ringmodulators und gesteuerten Sinustönen oder Rauschen erzielt werden; das Subharchord besaß einen eingebauten Ringmodulator, der von der Klaviatur bzw. der Glissandospieleinrichtung bzw. vom Bandmanual gespielt werden konnte.

Als zusätzliches rationelles Gestaltungsverfahren wurde von den Komponisten das "Klangfarbenspiel" auf einer besonderen, rechts neben der eigentlichen Spielklaviatur liegenden Klaviatur geschätzt. Mit deren Tasten konnten über fotoelektrische Tastsysteme 14 Filter nach der MEL-Skala weich eingeschaltet werden, einzeln oder auch mehrere gleichzeitig, so dass der angelegte Klang ständig variiert werden konnte (bei einem der letzten Subharchords im Produktionskomplex des Funkhauses Berlin-Oberschöneweide ist dieses MEL-Klangfarbenspiel sogar noch für Hörspiel-Zwecke einsetzbar gewesen). Die Anregung dazu stammte von JOSEF ANTON RIEDL aus dem damaligen Münchner Studio.

Zu dem "Subharchord 2" waren noch eine Reihe von Zusatzgeräten, u.a. eine Obertonmixtur geplant, um den Studiobetrieb durch leicht handzuhabende Klang-Quellen weiter zu rationalisieren.

Inzwischen interessierte sich der damalige ostdeutsche Komponistenverband für das Subharchord und die damit erreichten klanglichen Ergebnisse und führte am 12.3.63 ein großes Kolloquium im RFZ durch, wo es einhellige Zustimmung zu dem bisher erreichten Stand gab. PAUL DESSAU empfahl ein zweites Manual und zusätzlich weiterhin ein Bandmanual, das sich bereits in der Vorbereitung befand.

Das Gerät entsprach seinerzeit voll dem Stand der Technik mit den ersten gedruckten Schaltungen, Einschüben und Halbleitern, und bewies hohe Betriebssicherheit, wie man es vom ersten Mixturtrautonium nicht kannte.

Aber wie erwähnt, es war weniger für konzertanten Einsatz vorgesehen, sondern war in Verbindung mit rundfunküblichen Studioeinrichtungen zu nutzen.

Wir waren damals - als der Moog'sche Synthesizer nach dem historischen ersten Gerät von Olson (RCA) auf den Markt kam -, auch der Meinung gewesen, einen der ersten "Synthesizer" mit einer Vielfalt von neuen Gestaltungsmöglichkeiten entwickelt zu haben. Doch da die damaligen Synthesizer wie auch die später folgenden Samplingtechniken wirklich nicht "kreativitätsförderlich" gewirkt haben, sondern mehr als "Orchesterprothese", wie ULRICH HILGEFORTH [5] einmal treffend formulierte, sind wir noch nachträglich froh, nicht etwa selbst durch die Bezeichnung des "Subharchords" als einen Synthesizer mit zur moralischen Abwertung und dem vorzeitigen Verschwinden dieses klanggestaltenden Instrumentes beigetragen zu haben.

Das "Subharchord" ließ der Phantasie und Improvisation eines Komponisten genügend Spielraum (und auch Oskar Sala bewies dies immer wieder mit seinem noch existierenden Mixturtrautonium), indem es keine vorgefertigten Muster anbietet, sondern zur ständigen neuen "Zusammensetzung" der Klänge, im Sinne von componere, zwingt. Zur Einarbeitung in unserem Studio neuer Komponisten hatten wir bald begonnen, einen laufend zu ergänzenden "Klangkatalog" anzulegen; dieser diente aber lediglich zur Anregung und animierte mehr zur immerwährenden Neuschöpfung von Klangkombinationen als zur ständigen Wiederverwendung.

 

Bild  12: SUBHARCHORD III – mit geöffneter Vorderwand

ZURÜCK ZUM INHALTSVERZEICHNIS oder WEITER ZUM NÄCHSTEN TEIL

Literaturhinweise:

[5] Hilgeforth, U.: Elektronische Kreativität? Das Musikinstrument 42 (1993), 8, S.4-5. ZURÜCK

www.subharchord.de