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8.
ZUR WIEDERGABE UND AUFFÜHRUNG
ELEKTROAKUSTISCHER MUSIK - PERSPEKTIVEN
Im RFZ war bereits
1960-65 das vierkanalige Aufnahme- und Übertragungsverfahren "Stereo-Ambiofonie"
entwickelt worden; auf Grund der damals fehlenden Übertragungskanäle
und des späteren Flops der falsch verstandenen und angewandten Quadrofonie
hatte es keine Chancen für eine Einführung. Für die Wiedergabe
elektroakustischer Musik reichten außerdem vier Lautsprecherkanäle
in Sälen nicht aus.
Es sollte aber nun
an der Zeit sein, nach nunmehr 50 Jahren praktizierter elektronischer
Klangkunst die häufig zu erlebenden Mängel der Wiedergabe mit
unsystematisch, teilweise sogar falsch aufgestellten Lautsprechern zu
überwinden und sich über Referenzanordnungen für die Produktion
und Wiedergabe elektroakustisch komponierter, erzeugter/realisierter und
aufzuführender Musik zu einigen. Dabei sollten dann psychoakustische
Gesetzmäßigkeiten beachtet werden, um ein unbeabsichtigtes
Auseinanderfallen der Klänge in größeren Räumen zu
vermeiden.
Dazu können inzwischen
die Erfahrungen der modernen, quellenrichtungsorientierten Beschallungstechnik
berücksichtigt werden.
Der Autor hatte schon
seit längerem vorgeschlagen, hierfür als Basis-Referenz-Anordnung
für die Produktion und die Wiedergabe in kleinen Räumen (Regieräumen/
Wohnräumen) den neuen ITU/CCIR-Standard (ITU-R. BS. 775-1) für
das sog. 3/2-Wiedergabeformat anzuwenden, d.h. ein 5-Kanalsystem für
3 Frontlautsprecher L, C und R sowie zwei rückwärtige bzw. seitliche
Lautsprecher LS/RS im jeweils gleichen Abstand zum Bezugs-Hörplatz.
Sofern der Mittellautsprecher auf der Basislinie der äußeren
Frontlautsprecher angeordnet wird bzw. der Abstand der rückwärtigen
Lautsprecher verringert werden muss, ist dies durch die entsprechende
Einfügung einer kompensierenden Zeitverzögerung auszugleichen.
Für die Wiedergabe
bei konventioneller Zweikanalübertragung sind zur Gewährleistung
akzeptabler Kompatibilität entsprechend der o.a. Empfehlung zwar
zweckmäßige Matrizierungsgleichungen vorgesehen; in dem gegebenen
Sonderfall elektroakustischer Musik sollten jedoch von vornherein dafür
spezielle, vom Komponisten autorisierte Zweikanal-Abmischungen hergestellt
werden, um Verdeckungen von Klangebenen zu vermeiden.
Bei konventioneller
Musik- und Wortübertragung sind die Frontsignale für zu ortende
Einzelschallquellen zu nutzen; die rückwärtigen Lautsprecher
können für ambiente Informationen, wie Raumreflexionen, Effekte,
Beifall usw. vorgesehen werden, da exakt zu ortende Phantomschallquellen
zwischen L und LS bzw. R und RS nicht erzeugbar sind. Vorn dagegen sind
halblinke und halbrechte Positionen für Phantom-Schallquellen nutzbar.
Bei elektroakustischer
Musik sollten alle 5 Lautsprecherkanäle als gleichwertig und unabhängig
angesehen werden, sofern gewünscht; dazu kann über alle Strahler
durch geeignete Schaltungstechnik auch ein einhüllendes Klangmaterial
gegeben werden, was bisher kaum genutzt wurde. Zusätzlich kann (eine
Option der internationalen Empfehlung), wie im Kino, ein sechster Kanal,
der sog. LFE-Kanal, für eine bevorzugtere Wiedergabe von tiefen Frequenzen
(20...120 Hz) genutzt werden (siehe dazu das Terminologieblatt ‚LFE‘
des Surround-Sound-Forums).
Diese Bedingungen
sind für die digitale Übertragungstechnik von Bedeutung, da
hier an die vorgesehene Datenreduktion besondere Anforderungen gestellt
werden, wenn die Signale in keiner Weise korreliert sind (z.B. ist die
höhere Datenrate bei MPEG-2-Audio bzw. DTS-Codierung zu nutzen u.ä.).
Für viele Anwendungsfälle,
z.B. im Zusammenspiel elektronischer Klänge mit konventionellen Instrumenten
bei Aufführungen, reichen die fünf vereinbarten Kanäle
mitunter nicht aus.
Hier kann auf die
Option bzw. den hierarchischen Aufbau der Mehrkanalformate der ITU-Empfehlung
zurückgegriffen werden; z.B. können zwei seitliche und zwei
rückwärtige Lautsprecherkanäle vorgesehen werden, somit
also insgesamt 7 Kanäle, wie es das weitere Bild zeigt. Allerdings
sind dafür kaum Aussichten für eine Anwendung im Heim gegeben;
man muss dann wieder spezielle 5-Kanal-Abmischungen für die digitale
Heim-Wiedergabe- Aufzeichnungs- und Übertragungstechnik vorsehen.
Da inzwischen die
DVD in 5-Kanal- bzw. 5.1-Kanaltechnik mittels der Datenreduktion auf dem
Markt ist, sind also Kompositionen dieser Art auch im Heim wiederzugeben.
Für die professionelle Arbeit und den Bandaustausch sind bereits
die 8-Kanalkassetten im Hi8-Format üblich.
Für die Wiedergabe
in großen Räumen reichen aber auch die 7 Lautsprecher nicht
aus, um eine befriedigend große Hörzone für größere
Auditorien gleichmäßig und richtungsgetreu zu versorgen.
Hier kann man auf
das ebenfalls im RFZ seinerzeit entwickelte Delta-Stereofonie-System zurückgreifen.
Bereits 1985 war dies vom Autor dem Komponisten Hans-Peter Haller
anlässlich seines elektronischen Konzertes im "Theater im Palast",
Berlin, vorgeschlagen und mit ihm diskutiert worden. Aber erst 1998, zur
20. Tonmeistertagung in Karlsruhe, konnte es erstmalig und in größerem
Umfang 1998 realisiert werden.
Mit Hilfe dieses Systems
und dem zusätzlichen Einsatz entsprechend angeordneter Lautsprecher
(vorzugsweise seitlich und an der Decke des Aufführungssaales) sowie
eines entsprechend dimensionierten DSS-Prozessors (z.B. die von der Telekom
lizenzierte Timax-MATRIX von OUTBOARD, England) kann man eine derartige
pegel- und laufzeitgestaffelte Versorgung aller Lautsprechers erreichen,
dass an allen Plätzen die beabsichtigte Richtung und Entfernung der
Quellsignale (d.h. z.B. der 5 oder 7 Richtungen der Hauptstrahler) beibehalten
wird, und somit eine ausreichende Hörzone für größere
Hörerzahlen realisiert werden kann. Zur Tonmeistertagung 1998 in
Karlsruhe wurde das DSS erfolgreich durch die Deutsche Telekom eingesetzt,
so dass über 120 Zuhörer richtungsgetreu versorgt werden konnten,
auch bei 16-kanaligen Kompositionen!
Außerdem wird
die Einbeziehung in das Klangereignis durch diffuse Signalmischungen bedeutend
stärker, obwohl nur die 5 bzw. 7 Hauptsignale eingespeist werden
(das Prinzip zeigt Bild 14).
Im Zusammenspiel mit
konventionellen Instrumenten werden diese durch sog. Quell-Simulationsstrahler
unterstützt, so dass ein ausreichender Lautheitsausgleich (wiederum
bei Beibehaltung der Lokalisation) erzielt werden kann. Über Einzelheiten
des Systems ist durch zahlreiche Veröffentlichungen des Autors und
des Erfinderteams ausreichend informiert worden (für die Anwendung
des Delta-Stereofonie-Systems gibt die Telekom, T-Nova Berlin, gern Hinweise).
Abschließend
sei noch auf die Einhaltung angemessener Lautstärkepegel für
öffentliche Vorführungen hingewiesen. Zum Schutz des Gehörs
kann hier auf die für Tonmeister empfohlenen äquivalenten Dauer-Schalldruckpegelwerte
hingewiesen werden, wonach z.B. eine Gesamtbelastung von 280 Std. jährlich
mit ca. 100 dBA nicht überschritten werden sollte.
Bild 14: Delta-Stereofonie-Prinzip
Prinzip der quellrichtungsbezogenen
Beschallung von Räumen mittels Delta-Stereofonie-Prinzip,insbesondere
anwendbar auf größere Räume zur Wiedergabe mehrkanaliger
elektroakustischer Klänge, auch in Verbindung mit Live-Instrumentarium.
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