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Sonderdruck aus „Rundfunk und Fernsehen“ 1964, Heft 2
Neuentwicklungen auf dem Gebiete der Rundfunk und Fernsehtechnik

Ein neuartiger elektronischer Klang- und Geräuscherzeuger

Von Ernst Schreiber

(Rundfunk- und Fernsehtechnisches Zentralamt der deutschen Post, Berlin)
Im Rundfunk- und Fernsehtechnischen Zentralamt der deutschen Post, Berlin-Adlershof, wurde für die Erzeugung elektronischer Klänge und Geräusche ein neuartiges elektronisches Gerät entwickelt , das in erster Linie für den Bedarf von Rundfunk- und Fernsehstudios, für Spiel- und Trickfilmstudios sowie für Opernhäuser und Theater bestimmt ist. Das Instrument ist für individuelle Klangsteuerung ausgelegt, das heißt, es wird von einem Musiker (in den meisten Fällen wird es der Komponist sein) gespielt. Gesteuert werden Tonhöhe, Klangfarbe und Lautstärke. Klangerzeuger sind ein Steuergenerator mit subharmonischen und binären Frequenzteilern mit unterschiedlicher Ausgangswellenform sowie ein Rausch- und ein Sinusgenerator. Die Formung der Klänge und Geräusche erfolgt im Gerät durch Formantfilter, umschaltbare Hoch- und Tiefpässe, Abklingeinrichtung, Chormodulation und Frequenzmodulation (Vibrato). In Verbindung mit der Einrichtung eines beim Rundfunk üblichen Produktionsstudios erfolgt die weitere Verarbeitung durch Hallplatte, Iteration, Magnetbandgerät mit veränderbarer Bandgeschwindigkeit, Synchronisation usw. Der Klangerzeuger hat unter den international bekannten elektronischen Instrumenten keine Parallele. In seiner Anwendung und Wirkung ist er in Bezug auf die Verwendung subharmonischer Tonreihen teilweise mit dem Mixturtrautonium von O. Sala vergleichbar. Technisch gesehen wurden dagegen völlig neue Wege beschritten, die gegenüber der vor Jahren entstandenen und sehr diffizilen Apparatur von O. Sala eine sehr große Betriebssicherheit gewährleisten. Das Gerät ist so eingerichtet, daß es jeder klavierspielende Musiker nach kurzer Einarbeitungszeit bedienen kann. In der Mehrzahl aller Fälle wird es der Komponist selbst sein, der hier erstmalig selbst nach seinen eigenen Vorstellungen und Ideen arbeiten kann, ohne von anderen Musikern abhängig zu sein. An Hand eines Klangkataloges werden dem Komponisten für jeden Anwendungsbereich der Erzeugung von Klang- und Geräuschstrukturen einige Grundeinstellungen vorgegeben. Auf diesen Grundeinstellungen kann er weiter aufbauen und seine eigenen Vorstellungen und Ideen einarbeiten.
Im folgenden wird der Klang- und Geräuscherzeuger in seinem technischen Aufbau und in seinem Anwendungsbereich beschrieben:

In Abb.1 wird in einem Blockschaltbild die allgemeine Funktionsfolge des Gerätes veranschaulicht.

Generatoreinheit mit Manual
Diese Baugruppe beinhaltet den Steuergenerator , eine Impulsformungsstufe (Schmitt-Trigger) und einen Vibratogenerator. Der Steuergenerator ist ein besonders dimensionierter Multivibrator. Grundsätzlich unterscheidet man zwei Arten von Tongeneratoren, und zwar den Kurztongenerator und den Dauertongenerator. Unter Kurztongenerator werden alle die Tongeneratoren verstanden, die im Moment des Tastens vom Ruhezustand in den betriebsmäßigen Zustand versetzt werden, der solange anhält, wie die Taste gedrückt wird. Dabei ist es gleichgültig, welche Schwingungsform erzeugt wird. Bei Beendigung der Tastung wird der Ruhezustand wieder hergestellt. Die Dauertongeneratoren dagegen befinden sich immer im Betriebszustand, das heißt, daß die Tonfrequenzen ständig erzeugt werden, und zwar solange, wie das Instrument eingeschaltet ist.
Der hier angewandte Steuergenerator gehört zur Gruppe der Kurztongeneratoren. An diesen Generatoren werden sehr hohe Anforderungen gestellt. Er muß beim Tasten sofort und ohne Einschwingvorgang in die gewünschte Frequenz (Tonhöhe) einspringen. Desgleichen dürfen auch keine Zieherscheinungen auftreten. Für den Ausschwingvorgang gelten die gleichen Bedingungen. Die erzeugte Ausgangswellenform ist ein Impuls, der in einer Triggerstufe in eine Rechteckschwingung umgewandelt wird, die zur Ansteuerung eines binären, sowie von vier subharmonischen Frequenzteilern dient. Mit dem Vibratogenerator wird die Tonhöhe des Steuergenerators rhythmisch verändert. Es handelt sich um eine echte Frequenzmodulation. Vibratofrequenz und Frequenzhub sind von der Registerstaffel aus einstellbar.
Das Instrument ist mit einem Tastenmanual und einer Glissandospieleinrichtung ausgestattet. Der Frequenzbereich des Steuergenerators entspricht dem Tastenumfang der Klaviatur von drei Oktaven plus einem Halbton (37 Tasten) und verläuft von g3 – g6. Die Ausgangsspannung des Steuergenerators wird über die Triggerstufe zur Steuerung des binären und der subharmonischen Frequenzteiler verwendet. Der binäre Frequenzteiler stellt in dieser Schaltung in Verbindung mit dem Steuergenerator den eigentlichen Hauptgenerator dar. Mit den von diesen Teilern abgegebenen Tonspannungen werden über entsprechende Klangformungselemente die Melodienstimmen erzeugt.

Binärer Frequenzteiler
Der binäre Frequenzteiler hat insgesamt ein Untersetzungsverhältnis von 1/2 : 1/128. Zusammen mit dem 3-Oktaven-Tastenumfang der Klaviatur ergibt sich insgesamt gesehen ein Tonumfang von zehn Oktaven plus einem Halbton. Die erzeugten Frequenzen der Teilerstufen 1 bis 7 stehen im ganzzahligen Verhältnis zum Steuergenerator (1/2 – 1/4 – 1/8 – 1/16 – 1/32 – 1/64 – 1/128). Diese sieben im Oktavverhältnis zueinander stehenden Frequenzen werden gleichzeitig erzeugt. Bezeichnet man zum Beispiel die höchste Teilerfrequenz entsprechend der Orgelregistrierung als 1´ Registerlage, so stehen durch die Teilerstufen 2 bis 7 gleichzeitig noch folgende Registerlagen zur verfügung: 2´ - 4´ - 8´ - 16´ - 32´ - 64´. Die zusätzlichen Registrierungsmöglichkeiten, auch mit unterschiedlichen, sich voneinander absetzenden Klangfarben, bedeutet eine erhebliche Erweiterung der klanglichen Möglichkeiten des Instrumentes. Jede Teilerstufe des binären Frequenzteilers liefert zwei Ausgangsspannungen mit unterschiedlicher Ausgangswellenform, so daß der binäre Frequenzteiler insgesamt 14 Ausgänge hat.

Der binäre Frequenzteiler

Subharmonischer Frequenzteiler
Dem Hauptgenerator (Steuergenerator und binärer Frequenzteiler) sind nun vier weitere Nebengeneratoren zugeordnet, die von ihm synchronisiert werden. Diese Nebengeneratoren liefern ausschließlich subharmonische Frequenzen und sind ganzzaglige Teiler der Frequenz des Hauptgenerators. Die subharmonische Reihe ist daher das intervallgetreue Spiegelbild der bekannten Obertonreihe. An eine subharmonische Synchronisationsvorrichtung werden sehr hohe Anforderunen gestellt. Das einmal eingestellte subharmonische Teilungsverhältns muß über den ganzen kontinuierlichen Frequenzbereich von 10 Oktaven erhalten bleiben. Je nach Einstellung des Schalters für die Wahl des Teilungsverhältnisses kann die subharmonische Tonreihe zwischen 1/2 und 1/16 erzeugt werden. Nach einem neuen hier zur Anwendung kommenden Verfahren (5) können die subharmonischen Tonreihen beliebig erweitert werden. Je nach Stellung des Schalters für die Wahl der Triggerfrequenzen werden die Impulse für den Eingang des subharmonischen Frequenzteilers den Teilerstufen 1 bis 6 des binären Frequenzteilers bzw. die höchste Triggerfrequenz dem Steuergenerator entnommen. Im übrigen ergibt sich durch die gleichzeitige Erzeugung von 7 Registerlagen die Möglichkeit, subharmonische Frequenzen zu erzeugen, deren Teilungsverhältnisse weit höher liegen als 1/2 bis 1/6. Werden zum Beispiel die Triggerimpulse einer Teilerstufe des binären Frequenzteilers (Hauptgenerator) entnommen, der gerade zur Klangformung eingeschaltet ist, so entstehen subharmonische Teilungsverhältnisse von 1/4 bis 1/32, wobei die ungeradzahligen Verhältnisse fehlen. Die Ausgangsspannung jedes subharmonischen Teilers wird einem Lautstärkeregler zugeführt, um die Lautstärke jeder Stimme der 4fachen subharmonischen Mixtur zu dosieren. Über Trennstufen werden die Mixturstimmen den Klangformungselementen zugeführt. Für jede Mixturstimme ist ein separates Hochpaß- bzw. Tiefpaßfilter mit veränderlichen Grenzfrequenzen vorgesehen. Wie aus dem Blockschaltbild zu erkennen ist, kann zum Beispiel eine Mixturstimme über ein Hochpaßfilter eine zweite Stimme über ein Tiefpaßfilter, die dritte Stimme über eine Bandpaßfilteranordnung, die nach der Mel-Skala aufgebaut ist und die vierte Stimme über die Formantfilter des Hauptgenerators geleitet werden.

Filter-Summierungsschaltung
Die Ausgänge aller Filteranordnungen, wie auch der Ausgang des Ringmodulators, werden einer Filtersummierungsschaltung zugeführt. Hier werden über Dosierungswiderstände die einzelnen Filterausgangsspannungen auf einen bestimmten Pegel gebracht und untereinander entkoppelt. Nach einer Verstärkerstufe und einem Impedanzwandler werden die Tonspannungen einer druckabhängigen Lautstärkenregeleinheit zugeführt.

Druckabhängige Lautstärkenregelung
Mit dem Manual und der Glissando-Spieleinrichtung mechanisch gekoppelt ist die druckabhängige Lautstärkenregelung. Je nachdem wie weit eine Manualtaste heruntergedrückt wird, ändert sich der Pegel von Null bis zum Maximalwert. Die mit dem Lautstärkenregler vorzunehmende Amplitudenregelung dient aber auch gleichzeitig zur Erzielung bestimmter Klangeffekte wie An- und Abschwellen des Tones, Einblendungen, willkürliche Gestaltung der Tonansatzvorgänge. Die Regeleinrichtung ermöglicht stufenlose und gleitende Änderung der Tonamplitude, arbeitet dabei aber völlig geräuschfrei. Außerdem läßt sie sich trägheitsfrei betätigen. Selbstverständlich muß sich der Spieler des Instrumentes damit erst vertraut machen. Ein normales Spiel auf den Tasten, wie zum Beispiel beim Klavierspiel, ergibt nicht den gewünschten Effekt. Die Regeleinrichtung ist mit einer neuartigen Lichtsteuerung ausgestattet, die alle Anforderungen erfüllt. Die Regelkurve ist im gewissen Umfange einstellbar. Die so in ihrer Amplitude geregelten Tonspannungen werden entweder direkt dem Gesamtlautstärkenregler zugeführt oder bei Bedarf über eine Abklingeinrichtung.

Rhytmisierungseinrichtung
Für das Instrument wurde eine Rhytmisierungseinrichtung entwickelt. Sie zerhackt einen Dauerton in kurze Einzeltöne, wodurch staccatoähnliche Klänge entstehen, die bis zur Grenze der Tonerkennbarkeit in Stufen, aber auch gleitend, verkürzt werden können. Die Rhytmisierungsfrequenz ist jederzeit reproduzierbar und kann somit in der Partitur des komponisten vermerkt werden.

Abklingeinrichtung
In dieser Stufe werden Dauertöne in abklingende Töne umgewandelt. Die Dauer des Abklingvorganges kann in weiten Grenzen geregelt werden. Mit dieser Einrichtung werden zum Beispiel gezupfte Klänge erzeugt. Abklingende subharmonische Mixturen ergeben metallische Klänge, wobei je nach Zusammensetzung der frequenzvariablen Mixturen eigenartige neue Eindrücke entstehen.

Ringmodulator
Mit Hilfe des Ringmodulators werden ebenfalls interessante Klang- und Geräuschstrukturen erzeugt. Die zu modulierenden Spannungen (Sinustöne, Rauschen usw.) werden dem Ringmodulator von außen zugeführt. Die Modulationsspannung ist ein Sägezahn, dessen Frequenz von der Klaviatur aus oder mittels der Glissando-Spieleinrichtung gesteuert werden kann.

Chormodulation
Mit dieser Modulationsart kann einer einzelnen Stimme oder auch einem Klanggemisch eine Chorwirkung zugeordnet werden (ähnlich der Wirkung einer großen Besetzung gleicher Instrumente). Spielen zum Beispiel in einem Orchester mehrere Geiger die erste Stimme, so hört man deutlich die Chorwirkung heraus, weil es auch dem besten Geiger nicht gelingt, die genaue Tonhöhe gleichzeitig mit den anderen zu spielen. Es sind immer geringe Stimmungsunterschiede vorhanden. Da das menschliche Ohr die entstehenden Schwebungen bis zu einer Dauer von 24 sec. noch heraus hört, hat man deutlich den Eindruck, daß hier ein Geigenchor spielt. Diese Chorwirkung ist ein wesentliches Merkmal der Ästhetik und für die Klangwirkung des Orchesters von großer Bedeutung. Wäre dies nicht der Fall, so brauchte auch das größte Orchester nur einen einzigen ersten Geiger (zum Beispiel den Konzertmeister). Um die gewünschte Lautstärke der ersten Geige im Orchester zu erreichen, brauchte der Konzertmeister nur über ein Mikrofon zu spielen, dessen Tonspannungen in einem Verstärker genügend verstärkt über Lautsprecher eingespielt wird. Gegenüber einem Geigenchor würde diese Maßnahme die Wirkung des Orchesters sehr stark beeinträchtigen. Die Chorwirkung ist also ein entscheidendes Merkmal in der Musik.

Zur Erzeugung einer Chormodulation wird ein neues Verfahren angewendet (6), in dem das fertige Klanggemisch mit einer Spezialmodulation versehen wird. Dieses Klanggemisch wird einer Schaltungsanordnung zugeführt und in mindestens drei Kanälen getrennt verarbeitet. Im Kanal I wird das Klanggemisch nicht moduliert. Im Kanal II wird eine Frequenzmodulation (Phasenmodulation) vorgenommen, deren Modulationsfrequenz bei etwa 0,1 –1 Hz liegt. Im Kanal III wird ebenfalls eine Frequenzmodulation durchgeführt, die eine Modulationsfrequenz von etwa 0,5 – 2 Hz aufweist. Nach dieser getrennten Verarbeitung des Eingangssignals werden die Signalamplituden dosiert und über eine Mischeinrichtung zu einem Gesamtklang additiv vereinigt. Durch Erhöhung der Zahl der Kanäle kann die Wirkung der Chormodulation noch verstärkt werden.

Trennstufen
Die Trennstufen, die an verschiedenen Punkten der Gesamtschaltung des Instrumentes eingefügt sind, haben im wesentlichen die Aufgabe, die Ausgangsspannungen rückwirkungsfrei zu entnehmen. Gleichzeitig dienen sie auch als Impedanzwandler.
Die elektronische Klangformung im stationären Zustand
In der Akustik wird der stationäre Klang als eine Lautäußerung definiert, die von Tonhöhe, Lautstärke und Zusammensetzung von Grundton und Obertönen abhängt, wobei die Zahl der Schwingungen pro Sekunde der Obertöne ganze Vielfache des Grundtones ausmacht. Der Grundton und die Obertöne werden zueinander als harmonische oder Teiltöne bezeichnet und erhalten fortlaufende Ordnungszahlen, wobei der Grundton der erste Teilton ist. In einem Linienspektrum werden die Teilkomponenten der Klänge dargestellt. Jede Linie bedeutet einen Teilton und ihre Länge die Intensität des Teiltones. Die einfachste Lautäußerung stellt danach der einzelne sinusförmige Ton dar. Er ist musikalisch völlig reizlos und wird allein als Sinuston nicht wahrgenommen, da er im Ohr noch eine zusätzliche Reihe harmonischer Obertöne erzeugt. Die musikalischen Lautäußerungen der herkömmlichen Instrumente stellen in keinem Falle diskrete Sinusschwingungen dar. Sie sind immer Klänge, die einen mehr oder weniger großen Gehalt an Obertönen unterschiedlicher Intensität besitzen.

Mit dieser von Fourier aufgestellten Definition wird jedoch nur der äußere, physikalische Vorgang, der beim Hören eine Klangempfindung hervorruft, erfaßt. Untersuchungen haben ergeben, daß die Hörempfindung nicht nach Art einer Obertonanalyse erfolgt, sondern an deren Stelle eine diffuse Erregungszone tritt, deren Wirkung als psycho-physisches Farbgeräusch bezeichnet wird. Dabei verbreitert sich jede Spektrallinie zu einer Resonanzkurve, die nach Hermann mit Formanten bezeichnet werden. Dieses tatsächlich gehörte „Bandenspektrum“ kann durch eine Serie von abgestimmten elektrischen Formantkreisen bestimmter Bandbreite dargestellt werden. Sie entsprechen den physiologischen Resonatoren, zum Beispiel der Mund- und Rachenhöhle, die ebenfalls gedämpft sind. Das Fouriersche Theorem hat also für die musikalische Akustik nur bedingt Gültigkeit, da es das psycho-physische Farbgeräusch nicht erfassen kann. Dies wird dadurch schon deutlich, daß eine Umkehrung der Analyse zur Synthese trotz hohem technischen Aufwand keine Klänge von traditionellen Musikinstrumenten ergeben, die auch nur annähernd gleichwertig wären. Dies ist auch der Grund dafür, daß elektronische Musikinstrumente mit additiver Klangformung (Klangsynthese) nicht befriedigen konnten. Von den zahlreichen Methoden, elektrische Töne klanglich zu färben, hat sich die Stoßerregung von elektrischen Resonanzkreisen durch Kippschwingungen als besonders vielseitig erwiesen. Bei der Klangformung in dem neuen Klang- und Geräuscherzeuger wird von diesem Prinzip weitgehend Gebrauch gemacht. Außer diesen schwingungsfähigen Formantfiltern (Resonanzkreisen) werden noch RC-Filter als Hochpässe, Tiefpässe und kombiniert mit Resonanzkreisen eingesetzt. Eine aus 14 Bandpaßfiltern bestehende Filteranordnung, die nach der Mel-Skala aufgebaut ist, vervollständigt die umfangreichen Klangformungselemente dieses Instrumentes. Durch die gleichzeitige Erzeugung von sieben variablen Registerlagen, die im Oktavverhältnis zueinander stehen, können besondere Klangfarben nach der Klangformung noch additiv zugesetzt werden.

Auf die Formanttheorie und die technische Realisierung bei der elektrischen Klangformung soll hier nicht näher eingegangen werden. Zum besseren Verständnis der Klangformung mittels Stoßformanten, die in dem neuen Instrument vornehmlich zur Anwendung kommt, soll dieser Teil der Formanttheorie kurz erläutert werden, weil dies für den Komponisten von besonderer Bedeutung ist (1 – 2 – 3 – 4). Die Anwendung von Stoßformanten wurde erstmals von Trautwein vorgeschlagen. Wirkt eine Stoßfrequenz – in der Folge mit „SF“ bezeichnet – auf einen elektrischen Schwingungskreis ein, so wird dieser durch den Spannungsstoß erregt und klingt in seiner Eigenfrequenz ab. Wiederholt man diese Stoßerregung periodisch, so entstehen aufeinander folgende abklingende Eigenfrequenzen – im folgenden mit „EF“ (1 – 2) bezeichnet. Die der EF am nächsten liegenden Teiltöne sind auch die jeweils stärksten des Klangspektrums. Wichtig ist jedoch, daß die Resonanzkreise eine breite, diffus erregte Zone aufweisen. Im Mittel ist die Bandbreite der Resonanzkreise bei den Vokalklangfarben etwa 400 Hz. Ist die Bandbreite zu schmal, dann geht die Klangfarbenempfindung verloren und das Ohr hört die einzelnen Teiltöne der Fourier-Analyse. Eine so erzeugte elektroakustische Klangfarbe wird vom Ohr als vokalartig empfunden. Variiert man die EF, so sind sehr deutlich der Reihe nach die Vokale u, ä, a, e, i zu hören. An die Stelle des unscharfen Formantbegriffes tritt der physikalisch festumrissene Begriff der stets gedämpften EF. Das Verhältnis EF : SF ist ganz beliebig und im allgemeinen unharmonisch. Dennoch treten in der Analyse stets nur reine ungedämpfte harmonische Sinusschwingungen auf.

In dieser Betrachtungsweise erledigt sich von selbst der Streitfall Helmholtz und Hermann, der darum ging, ob die Formanten sich harmonisch zum Grundton aufbauen oder unbeweglich eine feste Frequenz haben, die auch unharmonisch zum Grundton liegen kann. Beide Auffassungen erhalten Gültigkeit, wenn man als Formanten nicht eine diskrete Frequenz, sondern einen Frequenzbereich annimmt. Daraus folgt die wichtige Erkenntnis, daß eine Konstanz der EF zugleich eine Konstanz der Klangfarbenempfindung ist. Das Ohr reagiert also nicht analytisch. Obgleich die relativen Amplituden und Ordnungszahlen der Teiltöne bei veränderlicher SF im Formantbereich ständig wechseln, bleibt die Klangfarbe erhalten, sofern der Formant nicht überspielt wird. Wird die SF gleichzeitig mit EF so variiert, daß das Verhältnis konstant bleibt, dann bleibt auch das Teiltonspektrum gleich. Dennoch wechselt die Klangfarbe, da die EF sich ändert. Hieraus ergeben sich nun große klangliche Möglichkeiten. Man kann die SF bei konstanter EF in weiten Grenzen variieren, ohne daß sich die Klangempfindung ändert. Andererseits kann die Klangfarbe jedoch leicht gewechselt werden, indem man die EF der elektrischen Resonanzkreise veränderlich macht.

Anwendungsbereich des neuen Instrumentes
Was können der Komponist und der Musiker mit diesem neuen Instrument nun anfangen? Man kann es als das Kernstück eines Studios für elektronische Klang- und Geräuscherzeugung bezeichnen. Das Instrument wurde nicht für konzertante Zwecke entwickelt. Erst mit den in vielen Studios vorhandenen Zusatzeinrichtungen (Hallplatte, Magnetbandgerät, Iteration, Synchronisierungen, Mischeinrichtungen im Regiepult usw.) werden die gewünschten Effekte und optimalen Wirkungen erzielt.
Mit diesem Instrument wurden bereits Klang- und Geräuscheffekte für eine Reihe von Trick- und Spielfilmen produziert. Insbesonders wurde bei Puppen- und Zeichentrickfilmen die Handlung ausschließlich durch stilisierte Klänge und Geräusche illustriert.
Bei den Spielfilmen werden meist bei bestimmten Szenen elektronisch erzeugte Klang- und Geräuschstrukturen unterlegt, um zum Beispiel bestimmte Spannungen bei den Filmbetrachtern zu erzeugen, die auf einen kommenden Höhepunkt in der Handlung hinweisen, zum Beispiel um den Start eines Raumschiffes akustisch darzustellen. Ob Maschinengeräusche in einer Fabrikhalle oder im freien Raum oder ob nie gehörte Geräusche von anderen Planeten dargestellt werden sollen, alles kann man mit diesem Instrument erzeugen. Der Fantasie des Komponisten sind keine Grenzen gesetzt. Dies alles gilt natürlich auch für Hörspiele im Rundfunk sowie im Theater.

Aber auch für rein musikalische Zwecke läßt sich das Instrument verwenden. So wurden schon einige Unterhaltungstitel rein elektronisch mit diesem Instrument produziert, die großen Anklang fanden. Auch zusammen mit konventionellen Musikinstrumenten wurde das elektronische Instrument eingesetzt. Dabei wird im allgemeinen so verfahren, daß erst die Orchesteraufnahme produziert und dann im Studio die elektronischen Stimmen nachträglich synchronisiert werden. Da das elektronische Instrument der Normung entsprechend auf 440 Hz gestimmt ist, wäre ein direktes Zusammenspiel von Orchestern bzw. Einzelinstrumenten höherer Stimmung als 440 Hz kaum möglich. Bei dem nachträglichen Synchronisierungsvorgang kann jedoch mittels eines Magnetbandgerätes mit veränderbarer Bandgeschwindigkeit jede Orchesterstimmung auf 440 Hz umgesetzt werden, so daß kein Stimmungsunterschied zwischen der Orchesterstimmung und der des elektronischen Instrumentes mehr besteht. Gerade das Zusammenspiel von Orchester und elektronischem Instrument ergibt neue und reizvolle musikalische Eindrücke, insbesondere bei der Anwendung subharmonischer Tonreihen, die ja, wie bekannt, in der Natur nicht vorkommen und somit neuartige Eindrücke hervorrufen.

Abschließend wäre noch zu ergänzen, daß das Instrument in seinem Aufbau dem modernsten Stand der Technik entspricht. Gedruckte Schaltungen, Karteieinschübe wie bei elektronischen Rechenmaschinen, kommen auch hier zur Anwendung. Das Gerät ist zu 98% mit Halbleiterbauelementen bestückt. Nur an den Stellen der Schaltung, wo es auf eine genaue Frequenzkonstanz ankommt, werden zur Zeit noch einige Röhren eingesetzt. Die Abb. 3-5 zeigen ein Modell, dessen Spieltisch aus Holz gefertigt wurde.
Bei der weiteren Entwicklung wird das Gerät durch einen Orgelteil ergänzt und kann auch in Metallbauweise, mit Kunststoffabdeckung, ausgeführt werden.

Abbildungen:

Literaturverzeichnis
Sala,O: Elektronische Klanggestaltung mit dem Mixturtrautonium, Gravesano, Juli 1955, 78-87
Sala, O: Experimentelle und theoretische Grundlagen des Trautoniums, Frequenz 2 (1948), 315-322, 3 (1949), 13-19
Trautwein: Perspektiven der musikalischen Elektronik, Gravesano, Juli 1955, 103-110
Schreiber, E: Grundlagen der elektronischen Klangerzeugung, Radio und Fernsehen 4 (1955), H. 22, S. 680-684
Patent DWP 25634
Patent DWP 23817

[Abschrift nach Originalunterlagen / Manfred Miersch, 2002]

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* www.subharchord.de